Unternehmen Großvenediger
Teilnehmer:
Peter Drexler: Großraumwagenbesitzer und somit Fahrdienst-Verurteilter
Max Altmannshofer: Schön-Wetter-Herbei-Zauberer
Klaus Mölzl: Schnapslieferant
Gudrun Coulon: Eispickel-Vergesserin und Speed-Wieder-von-der-Hütte-Holerin Kilian Huber: Seil-Hinauf-Schlepper
Petra Jirowetz: Telefonistin und G´schichten-Schreiberin
Freitag, 16. April 2010
…Infos und Hilfe unter
Wetter-Max.de…
Seit Tagen verfolgen wir Innsbrucker Wetterdienst, Wetter.at und Co. Die Vorhersagen sind eher bescheiden, doch Max nimmt uns die Entscheidung ab: „Das Wetter wird super!“ – aha…???
Wir fahren also Freitagmittag nach Neukirchen am Großvenediger, von dort ins Obersulzbachtal, parken am Hopffeldboden 1090m.
Pünktlich um 17:00 Uhr brechen wir auf, müssen ca. 30 Minuten die Schier tragen – Regen. Es folgt ein Hatscher – Regen – bis zur Postalm 1700m – Regen – für den wir lange 2:20h brauchen – Regen.
Die Hüttenwirtin (Trudi) finden Gudrun und ich eigentlich ganz nett, zackig hat sie alles im Griff. Die Hütte ist gut organisiert und ordentlich, so ordentlich, dass Klaus seine stinkende, nasse Wäsche nicht an der Vorhangstange in der Gaststube aufhängen darf. Das nehmen er und Peter ihr übel, nennen Trudi fortan Magdalena. Versteh´ ich zwar nicht, ist aber so.
Das Abendessen schmeckt uns gut, wir beziehen unser schönes Lager und hören…Regen aufs Dach prasseln.
Samstag, 17. April
…das Wetter hält…
6:00 Uhr Frühstück – Regen
Etwas zäh verläuft der Aufbruch. Wir wissen noch nicht recht, was wir machen, heute Großvenediger oder morgen? Anscheinend pressiert´s der Gudrun am allerwenigsten, sie vergisst den Eispickel in der Hütte, holt ihn aber dann so schnell, als ob sie auf der Hochgeschwindigkeitstrasse unterwegs wäre.
Wir gehen um 7:20 los, wollen uns so spät wie möglich entscheiden.
Max macht uns immer noch Mut, behauptet unbeeindruckt, dass die Sonne noch unser Begleiter werden wird.
Während wir also auf dem heutigen Hatscher so dahin plappern und riesige Eiswände bestaunen, wird die Bergwelt um uns herum plötzlich heller, nach und nach reißt die dicke Wolkendecke auf, und irgendwann haben wir tatsächlich blauen Himmel über uns.
Nun fällt auch die Entscheidung: heut´ pack´man, den Großvenediger.
Wir lassen die Kürsingerhütte links liegen.
Peter scheint einen unerlaubten Gasantrieb zu haben, rennt uns dermaßen davon, dass wir nicht mithalten können.
Max schreit sich schier die Seele aus dem Leib: „Peter, Depot – Depooot, Peter!“ Nachdem nun das gesamte Tal weiß, dass wir uns im Obersulzbachkees ein kleines Zwischenlager einrichten wollen, deutet uns Peter an: Da ob´n, da is a guter Platz, da bleib´ma steh.
Wir entledigen uns also diverser Ersatzkleidung und überflüssiger Toilettenartikel. Auch glutenfreies Brot, Äpfel und Leckerlis verschiedenster Art stecken wir in sorgfältig verknotete Plastiktüten, wollen uns doch heut Abend und morgen auch noch daran laben.
Zur immer dünner werdenden Luft gesellt sich nun auch noch ein schwefeliger Gestank, den ich nicht deuten kann. Ich sag nix, denk mir, alle wissen Bescheid, nur ich wieder nicht.
Später stellt sich heraus, dass auch die anderen den ungewöhnlichen Geruch wahrgenommen haben. Peter meint, Klaus war´s. Klaus meint, der Peter war´s. Dann meint Peter, die isländische Gaswolke war´s…DAS meint Klaus NICHT!
So nähern wir uns langsam aber stetig unserem Ziel. In der Venedigerscharte 3407m machen wir noch mal Pause, haben einen schönen Blick auf den Großglockner.
Der Gipfelhang verlangt mir noch mal ziemlich viel ab, wann bin ich schon auf über 3000m, ganz zu schweigen von 2000HM an einem Tag?
Und schließlich stehen wir am Skidepot, endlich steh ich vor dem schon so oft bewunderten schmalen Grat, geh´ ganz ehrfürchtig drüber und freu mich um 13:30 Uhr mit Max, Klaus, Peter, Gudrun und Kilian, tatsächlich auf dem Gipfel des Großvenedigers 3666m zu stehen.
Die Abfahrt ist ganz gut, der Schnee passt, die Rucksäcke sind leer.
Kilian steuert als Erster unser fein säuberlich errichtetes Depot an. Von weitem merk´ ich, dass irgendwas nicht stimmt. Kopfschüttelnd und mit hängenden Schultern finden wir Kilian auf: sämtliche Plastiktüten sind aufgerissen, auf einer Fläche von 20 qm sind leere Snickersverpackungen, Ohropax, Kaffeepulver, Unterwäsche, Würschtl und Cremetuben verstreut.
Dem armen Max klingen fortan die Ohren, egal welchen Vorschlag er auch macht, krächzend heißt immer nur: “Max, kraahh kraahh, Depooot, Depooot…“
Und weil wir nicht geizig sind und ich meine Leckerlis auf den Gipfel mit raufgeschleppt hab, gibt es noch für jeden eine Praline, von Klaus ein Schnapserl, jeder zieht noch irgendwas aus seinem Rucksack raus und so sitzen wir lachend und G´schichten erzählend eine Stunde in der Sonne und lassen´s uns richtig gut gehen.
Im T-Shirt schwitzen wir dann noch die 200HM Anstieg zur Kürsingerhütte 2550m rauf. Obwohl die Hütte übervoll ist und auf den Gängen Notlager aufgebaut werden, bekommen wir ein 8er-Lager zu sechst – Dank unserem Wetter-Max, der uns schon am Mittwoch schönes Wetter prophezeit und uns rechtzeitig reservieren lassen hat.
So lässt sich ein Venediger-Tag ausklingen!
Sonntag, 18. April
Föhnsturm
Wir frühstücken gemütlich, weil wir noch gar nicht wissen, ob heute überhaupt was geht. Vor der Hütte tobt der Föhnsturm.
Um 8:00 verlassen wir die Kürsingerhütte, ein kurzer Anstieg, dann fahren wir bis auf ca. 2000m ab.
Das Wetter wird besser, wir wollen nun doch die Schlieferspitze 3290m mitnehmen.
Über den Alpenhauptkamm schwappt bedrohlich die Föhnwalze, wir steigen lange Zeit in der Sonne auf. Irgendwann aber ist es dann doch vorbei, der Föhn bricht zusammen, Wolken hüllen uns ein.
Die letzten Höhenmeter auf die Schlieferspitze – eine Blockkletterei – schenken wir uns schließlich. Die Sicht auf dem Gipfel ist nicht besser als auf 3200m.
Was nun eigentlich folgen sollte, ist zumindest in unserer Vorstellung eine Traumabfahrt über einen Traumhang mit einer Traumlänge von über 1000 Höhenmetern.
Es bleibt beim Traum, weil wir durch grundlosen Bruchharsch pflügen und einer nach dem anderen einen Traumsturz hinlegt.
Aber irgendwann wird der Schnee besser und wir kommen wieder zur Postalm, wo wir uns bei Trudi noch mal stärken für den langen, flachen Rückweg zum Auto.
Bericht: Petra Jirowetz