Im Reich von König Ortler

Bericht einer Skidurchquerung

Abenteuerwert extrem hoch, Sonne und Bruchharsch pur

 

Vom:                            11.03. - 17.03.2007

Persönlichkeiten:           Max und Christoph Altmannshofer, Christa Baumann, Gudrun Coulon,

                                    Peter Drexler, Rainer Gruenewald, Konrad Lex, Ulli Weiss

 

Berichte/Gedichte:         Gudrun und Christoph

Tourenführer:                 Max Altmannshofer

So. 11. März 2007 (Gedicht: Gudrun)                                                                  „Der Capo speibt“

Ultental St. Gertraud Weißbrunnsee (1.901) ì GLECKSPITZE (2.957)               1.050 Hm, ì ~2,5 h

Prognose „sonnig“ und des 6 Dog,
do fahrt sogoa da Peda mit, des is koa Frog.

Zu 6. im Peda sein Sharan,
unter uns jedoch ein kranker Mann.

Z’Oideding speibt er s’erste Mal,
die Fahrt, die wird für ihn zur Qual.

Der Duft von Pedas Lerberkaas war für uns a Pracht,
doch Maxl kotzt und foid in Ohnmacht.

Jeda denkt si: „Max, geh heid bloß ned auf Tour,
du daspeibst uns nur die scheene Spur!“

Und so hat er sich dann Gott ergeben
im Ultnerhof gleich ins Bett gelegen.

Mir 5e aber hatschen aufn Gleck
und moanan scho, mir kemman goa ned vom Fleck.

Ewig lang geht’s hintri bis an des Berges Fuaß -
seiba Schuid, wenn ma unbedingt aufe muaß!

Am Gipfi obn, koa Sonn und vui Wind,
eiso obi ohne Brotzeit und zwar gschwind.

Da Peda wuiselt in oana Tour,
waar er doch jetzt dahoam grod nur,

do waars jetzt sicher aa recht schee,
mir hätt ma ganz bestimmt koan Schnee,

kaum waar er aber dann dahoam,
denkt er „Wann konn i wieda foan?“

Nach der Tour beim Capuccino sitzen,
anschließend in der Sauna schwitzen.

Abends um halb 7 sind dann noch Ulli und Konrad gekommen,
kurz vorher hat Konrad den deutschen Meistertitel im Skitourengehen gewonnen.

Also dann: bevor mir morgen alle reiern,
wolln mir heid no richtig feiern!

 

Blick vom Ultental ins Martelltal

 

Mo. 12. März 2007 (Gedicht: Christoph)                                   „4 Lager zu 8. und Tränen gelacht“

Weißbrunnsee (1.901) ì Weißbrunnjoch (3.150) ì LORCHERSPITZ (3.360)
îDorogonihütte (Biwako Infernale!) (2.479)                                                     1.570 Hm, ì ~7,5 h

Morgens schon da heißt es schwitzen,
in der allergrößten Hitzen,

heißer als im Dampfbad noch
geht es auf das Weißbrunnjoch.

Über’n Staudamm Schritt für Schritt,
steigen wir auf die Grünseehütt.

Durch die Steine geht es quer,
ach was ist der Rucksack schwer!

Später dann am Gipfelhang
wird es recht ein schwerer Gang.

Dem Anfänger schon Krämpfe plagen,
er kann den Rucksack nicht mehr tragen.

Doch Konrad kann das Seil noch nehmen,
da wird es leichter mit den Problemen.

Oben dann, der Grat erreicht,
die Hitze schnell dem Winde weicht.

Am Gipfel heißt es dann entscheiden,
Hüttenzauber oder Biwakleiden.

Um doch noch etwas Geld zu sparen,
wollen wir zu Zweiterem fahren.

Über Steine „Ach Herrje!,
Fix! Wo ist denn bloß der Schnee?“

Wasser holen, Sonnentraum,
dann geht’s ab zum Winterraum.

Doch, was ist das für ein Schreck,
Es ist ein arg intimes Eck.

4 Lager zu Acht,
wir ham Tränen gelacht.

Überraschung für die Gruppe:
Milchreis mit Kompott und Rotwein

 
Ob mit oder ohne Schlafsack, es schläft sich schlecht
und als der Morgen kommt ist’s allen recht.

 

Winterraum auf der Rif Dorogoni

Die. 13. März 2007 (Bericht:Gudrun)                                                           „Osterhasen am Gipfel“

Rif. Dorigoni (2.479) ì Bocca di Saent (3.119) î Vedretta di Careser  ì 4.VENEZIASPITZ.(3.322)
î Schranferner è Marteller Hütte (2.610)                                                              1.080 Hm, 6,5 h

Es ist wieder heiß und wir haben unterwegs den für diesen Winter so typischen „Steinschnee“. Wir sind völlig allein unterwegs und genießen das auch. Heute kommen wir in die Gletscherregion und das tut unseren Augen gut: weiße Flächen, zerklüftete wilde Gletscher und kaum noch Schotter.

Überraschung für die Gruppe: 8 kleine Osterhasen warten am Gipfel der 4. Veneziaspitze auf uns!

Der Wirt der Marteller Hütte ist sehr sympathisch und die Verpflegung hervorragend.
HP inkl. Teewasser 39 Euro. Sehr gemütlich.

8 Hasen auf der Veneziaspitze 4

Mi. 14. März 2007 (Bericht:Gudrun)                                                            „Keiner will zu Rainer“

Marteller Hütte (2.610) ì Fürkele Scharte (3.032) î Val Venezia Richtung Rif. Larcher al Cevedale bis ca. 2.700m ì Vedretta de la Mare bis Col de la Mare (3.442) ì PALLON DE LA MARE (3.703) î Rif. Branca (2.487)          1.500 Hm, 9,5 h

Christa und Max sind von der Branca Hütte hingegen enttäuscht. Das Essen ist nicht mehr so üppig (Nachspeise = 1 Orange) und es ist teuer (39 € HP + 2 € Teewasser) è „ausgschammt“ und nicht besonders freundliche Wirtsleut. So ändern sich die Zeiten halt.

Konrad, unser Meister, wird von Max als Schartenspäher beim Abmarsch losgeschickt. Er soll erkunden, ob das anvisierte Joch ins andere Tal auf der anderen Seite eine passable Abfahrt bietet. Er nimmt noch einen kleinen Umweg und erledigt seine Aufgabe bestens. Allerdings stellt sich heraus, dass ihn Max ins falsche Joch geschickt hat.

Joch è Abfahrt è heißer Aufstieg über den Gletscher de la Mare bis zum gleichnamigen Gipfel. Kurz vor diesem wird Rainer schlecht, was in uns die Norovirus-Alarmglocken schlagen lässt. Doch am Gipfel gibt’s erst mal eine

1. Überraschung für die Gruppe: leckere Gummibärlimischung!

2. Überraschung für die Gruppe: Schokoladenkuchen!!! Und den lassen wir uns auch richtig schmecken, denn wer weiß, was der Tag noch bringt. Wir steigen zuerst mit Steigeisen ab, dann erleben wir eine rassige Abfahrt durch eine zerklüftete Landschaft, umrahmt von Gletscherbrüchen.
Dennoch: es schaut sehr viel Blankeis raus, was unsere Erfahrenen erschrecken lässt.

Rainer wird immer blasser und beisst sich die Abfahrt bis zur Hütte durch. Bei der Schlafplatzvergabe herrscht dann das Motto: „Keiner will zu Rainer“, doch Max muss dran glauben, er müsste ja schließlich immun sein.

Gipfel des Palon de la Maren li > Christa, Gudrun, Uli, Konrad, Rainer, Christoph, Peter, Foto Max

Do., 15. März 2007 (Bericht:Gudrun)                                                                         „Mon Cherie“

Rif. Branca (2.487) ì MONTE PASQUALE (3.558) î Rifugio Pizzini (2.708)              1.100 Hm, 6 h

Beim Abmarsch ist es sehr kalt, sobald die Sonne kommt wird’s aber schlagartig sehr sehr warm. Wir ziehen gemütlich auf den Pasquale hinauf, einem herrlichen Skiberg.

Überraschung für die Gruppe am Gipfel: Mon Cherie

Mit Steigeisen steigen wir dann ab und canceln den gegenüber liegenden Cevedale. Der kürzeste Weg über den Grat ist nicht ratsam und auch von weiter unten sieht es so aus, als ob dieser Berg noch viel Zeit in Anspruch nehmen würde mit Steigeisen an- und wieder aus usw. Außerdem wollen viele von uns einmal etwas früher auf der Hütte sein und den Nachmittag sonnig genießen. So machen wir es dann auch mit Ausnahme vom Meister, der seine Kondition noch mit einem kurzen Cevedale-Ausflug stählt. Er zieht nach einem Stündchen Pause um 3 Uhr von dannen mit dem Versprechen um 5 wieder da zu sein. 2 Minuten vor 5 steht er wieder vor uns.

Pizzini Hütte: Preise wie bei Branca, jedoch freundliches Wirtspaar. Max erzählt gleich bei der Ankunft, dass wir nicht so recht zufrieden mit seinem Kollegen waren, was uns vermutlich 2 € Teewasser erspart.

Aufstieg zum Monte Pasquale, hinten rechts Tresero

Fr., 16. März 2007 (Bericht:Gudrun)                                                      „Ein Hase auf 3.600 Meter“

Rif. Pizzini (2.708) ì

Konrad, Ulli, Rainer: ì KÖNIGSSPITZE (3.859) ì Col Pale Rosse (3.379) èì CIMA DELLA MINIERA (3.408) î Alpini Hütte Winterraum (2.865)                                                                                        1.500 Hm, 10 h

Max, Christa, Peter, Christoph, Gudrun: ì Col Pale Rosse (3.379) èì CIMA DELLA MINIERA (3.408) ì MONTE ZEBRU (3.740) î Alpini Hütte Winterraum (2.865)                                                              1.800 Hm, 11 h

Wir teilen uns in 2 Gruppen auf.

Erste Gruppe hat als Hauptziel die Königsspitze mit Steigeisen. Die Ski lassen sie im Königsjoch und haben dann eine perfekte Firnabfahrt die Königsrinne hinunter. Am Gipfel dieses majestätischen Berges erwischen sie es warm und windstill mit prima Aussicht natürlich. Während Ulli und Rainer sich schon auf den Weg zum Cima della Miniera machen, sticht Konrad nochmal zur Pizzini runter und holt 2 Flaschen Wein sowie jede Menge Wasser für den Winterraum. Am Miniera-Gipfel treffen sie sich wieder und sind überrascht, dass dort noch eine heikle Abkletterstelle auf sie wartet. Dann immer den Spuren der 2. Gruppe nach, nochmal scharf nach links abbiegen und die Alpini Hütte ist erreicht.

Gipfel der Königspitze von li Rainer, Uli und Konrad

Zweite Gruppe geht gleich Richtung Alpini Hütte, wobei die Wegsuche wieder sehr abenteuerlich ist. Am Cima della Miniera müssen die Routenfinder schon geraume Zeit suchen, bis sie schließlich die einzig mögliche Abkletterei finden. Christa konnte vor ein paar Jahren noch direkt vom Joch abfahren, aber das ist aufgrund der heurigen Schneelage sowie der Gletscherschmelze nicht möglich. Max sichert Christoph und Gudrun die heiklen Stellen hinunter. Dann wieder eine Traum-Bruchharsch­abfahrt, Ausrüstungsdepot und rauf geht’s Richtung Zebru durch eine irrsinnig schöne Landschaft. Vom Bivacco Citta di Cantù (3.531) marschieren wir mit Steigeisen die steile Gipfelflanke hinauf. Wir trauen unseren Augen kaum, als wir eindeutig Hasenspuren auf 3.600 Metern Höhe finden. Den Hang nach rechts rausquerend, geht es noch kurz über Felsen und dann einen 10-minütigen Grat zum Gipfel des Monte Zebru, einem durchaus anspruchsvollen Berg. Per Sicherung wieder retour.

Gipfel des Zebru

 

Wir freuen uns alle, als wir uns wieder heil auf der Alpini Hütte treffen.

Überraschung für die Zebru-Gruppe von der Königsspitz-Gruppe:
kreativ dekorierte Schneebar mit Begrüßungsverpflegung und –trunk vor der Hütte aufgebaut.
Peter legt sich ins Zeug um den offenen Kamin einzuheizen und verwandelt dabei unseren Winterraum kurzzeitig in ein Räucherstübchen.

Schneebar vor der Rif Alpini

 

Sa., 17. März 2007 (Bericht:Christoph)                                                „Skibruch des Abenteurers“

Rif. Alpini (2.865) ì Hoher Gemsenpass (3.190) ì Tucketjoch 3.403 î Madatschferner ì Monte Livrio Ski-Bergstation (3.174) î Stilfser Joch (2.757) î Trafoi (1.570)                                                          1.000 Hm, 9 h

Wir wandern morgens los über die Endmoräne des Zebrugletschers vorbei am Passo de Volontari, welcher durch eine recht markante Felsformation („Würstel“) auffällt, hinauf Richtung Passo di Camosci alto (Hohes Gemsenjoch). Gleich nach der Hütte geht Rainers Ski kaputt und mit Kabelbindern rettet er sich den Tag hindurch. Das sehr steile Joch ersteigen wir zu Fuß mit Steigeisen, um dann zum Vedretta di Campo (Campogletscher) abzufahren. Über dessen flachen Verlauf geht es zum Passo di Campo hinauf.

Dieses Joch sollten wir eigendlich überschreiten, um dann ins Sommerskigebiet am Monte Livro gelangen zu können. Leider macht uns hier der Klimawandel einen Strich durch die Rechnung. Der Gletscher ist soweit abgeschmolzen, dass er nicht bis zum Pass hoch reicht und wir vor einer meterhohen Felswand stehen. Nach reichlicher Überlegung entscheiden wir uns, anstatt eine zeitraubende Kletterei zu wagen, lieber zum nahen Passo di Trafoi zu queren und dort unser Glück zu versuchen.

Ohne größere Probleme können wir dort auch das Joch überqueren. Nach einer kurzen Abfahrt steht nun ein erneuter Aufstieg zum (noch geschlossenen) Sommerskigebiet bevor. Die alternative Abfahrt über den Madatschferner und das dahinter liegende Tal wagen wir aufgrund der schlechten Schneelage, Rainers Flickski und der unklaren Situation im Tal nicht.

Vom Skigebiet aus fahren wir nun - erstmals in der Woche in Pulverschnee (!) - zum Stilfserjoch ab. Von dort geht es auf der ungeräumten Passstraße mit Skiern noch bis zum Gasthaus Franzenhöhe (2.188), ab da zu Fuß weiter zum Dorf Trafoi. (Stilfserjoch è Trafoi 2½ h)

Peter eilt bereits voraus um ein Taxi zu besorgen, während der Rest der Gruppe am, leider geschlossenen, Gasthof auf Max und Rainer wartet. Rainers Ski geben kurz vor dem Stilfser Joch den Geist völlig auf und so muss er die gesamte Straße zu Fuß absteigen, was irre anstrengend ist. Der Abenteuerwert ist eben für den größten Abenteurer von uns am höchsten.

Von Trafoi aus geht es dann rasch mit dem Taxi nach Prad zum Bahnhof und von dort aus mit dem Zug nach Meran.

Überraschung für die Gruppe: Jeder bekommt ein Skiwachs, was jetzt dringend notwendig ist.

In Meran trennen sich dann Konrad und Ulli von uns, um gleich vom Ultental aus nach Haus fahren zu können, während der Rest der Gruppe wartet bis Fahrer Peter sein Auto gehohlt hat. Den Dreien steht eine rasante Taxifahrt ins Ultental bevor. Wir anderen müssen derweil in einem Ristorante Pizza essen und es uns gut gehen lassen, aber was tut man nicht alles für die Gemeinschaft.

Nur knappe zwei Stunden später (wir rechneten eher mit 2½ Stunde für Meran – St. Gertraud und zurück) konnten wir dann endgültig die Heimreise antreten.

 

Aufstieg zum oberen Gemsenjoch

 

Resumèe der Ortler-Skidurchquerung von Gudrun:
Traumwoche:                                 100% Sonnenschein
Alptraumwoche:                             90% Bruchharsch
Abenteuerwert:                              extrem hoch
Gruppenharmonie:                          tränenreich, da viel gelacht
Besorgniserregend:                        Gletscherrückgang
Tourenleiter:                                  Capo hat’s wieder prima gemacht
Gesamthöhenmeter:                       ca. 9.100
Gesamturteil der Durchquerung:      delikat und anspruchsvoll