Watzmann Ostwand
Der "Kederbacher"
Eine stabile Wetterlage braucht man für die Ostwand, das ist Voraussetzung. Aber weil Max heuer eine eher außergewöhnliche Route gehen will, wär´s beinah ein Problem geworden.
Den "Kederbacher Weg", benannt nach dem Erstbegeher Johann Grill, genannt der Kederbacher, geht man nämlich im Juli oder Anfang August, also genau zu der Zeit, in der bei uns die heftigsten Gewitter am schnellsten aufziehen.
Aber - am Montag, 30.Juli 2012 ist es so weit, die Wettervorhersage ist optimal. So fahren Max, Peter D, Peter L, und ich zur Wimbachbrücke. Dort treffen wir den Heli, der lässt sein Auto stehen und zu fünft fahren wir Spätnachmittag zum Parkplatz Königsee, mit dem Elektroboot weiter nach St. Bartholomä.
Nach der Einkehr im Wirtshaus richten wir uns im Ostwandlager häuslich ein. Das haben wir diesmal beinah für uns allein, erst ganz spät gesellen sich noch 3 Bergsteiger zu uns.
Der Peter D. überrascht uns mit einer Flasche Wein, es wird noch recht lustig, dann schlüpfen wir in unsere seidenen Schlafsäcke und sind gespannt, was uns der nächste Tag bringen wird.
Das Ostwandlager in Bartholomä 612m
Müllverbrennung in Bartholomä
neu hergerichtetes Ostwandlager
Dienstag, 31.Juli
Um 4:10 Uhr werden wir wach, frühstücken, Gedanken sammeln und los geht´s. Nur kurz gehen wir diesmal im Dunkeln, im Eisbachtal dämmert es bereits.
Erster Punkt: die Eiskapelle. Die bereitet uns kein Problem, wir brauchen keine Steigeisen, die Randkluft ist schnell überwunden.
Tagesanbruch mit der 2000m hohen Watzmann Ostwand
Weil dieser Weg nur noch sehr selten begangen wird, sind auf den beiden folgenden Grasterrassen kaum mehr die Steigspuren zu erkennen, die uns zur Schlucht und weiter zum Schöllhornkar 1300m führt.
Achtung!!! Man verfolgt zuerst die Schlucht Richtung Schöllhornkar bis zu einem Kessel. Von dort zieht eine rinnenartige Schlucht nach rechts hinauf. Bei der ersten Möglichkeit (nach knapp 100m) bei 1250m wird diese mit einen Spreizschritt III+ nach links auf ein Schrofenband verlassen Das Verlassen der Schlucht ins Kar muss punktgenau erfolgen.
Über das Schrofenband gelangen wir ins Schöllhornkar, über welches das Schöllhorneis erreicht wird.
Eiskapelle mit Einstieg und Wandteil bis zum Schöllhornkar
Diesmal sind Steigeisen und Pickel zwingend notwendig, sowohl für die Querung als auch für den Abstieg in die Randkluft, um zur Schöllhornplatte zu gelangen.
Der Wandteil vom Schöllhorneis zum 3 Band
Randkluft am Schöllhorneis
Abstieg zu einer Brücke in der Randkluft am Schöllhorneis
Zeller Höhle (Notbiwakplatz)
Und jetzt packen wir auch das Seil aus: eine 10m hohe, nasse, brüchige Verschneidung müssen wir rauf, die mit einem Bohrhaken abgesichert ist- großen Dank an die Vorsteiger, mein Bedarf an Showeinlagen dieser Art ist gedeckt!
Aber auch diese Passage wird überwunden, und wir kraxeln weiter - an einem Loch vorbei - und kraxeln weiter - zum vermeintlichen Zellerloch - und kraxeln nicht mehr weiter, weil wir - ja eh - natürlich auch in einen Verhauer tappen. Steht doch extra im Ostwandführer: "Achtung! Nach dem Zellerloch nicht zu hoch klettern, keinesfalls bis zum großen Geröllkessel!" Genau da stehen wir nun aber und ärgern uns, weil ein jeder von uns extra gscheit ist und keiner ins Büchlein schauen muss…
Querung ins 3 Band
Also wieder runter bis zum glatten Riss (1 Haken) ca. 30m über dem "Zellerloch". Nun nach links über einen Rücken Richtung 3. Band.
Beginn des 3 Bandes
Eine bröslige Angelegenheit ist es und der Heli spricht uns aus der Seele: "Meine Lieblingstour durch die Ostwand wird das sicher nicht!"
Unterbrechungsstelle
Und so schleichen wir um die ausgesetzte Felskante (Unterbrechungsstelle) herum und auf einem luftigen Pfad weiter dem wieder breiter werdenden 3 Band entlang. Zum Ende des Bandes geht es steil und brüchig halbrechts nach oben, bis von rechts das 4 Band einmündet.
Hier treffen zwar alle Wege wieder zusammen, aber weil wir ja unten schon allein waren, ist hier oben erst recht keiner.
Kurz vor der Biwakschachtel
Der Rest der Tour ist bekannt: Gipfelschlucht - gemütliche Brotzeit an der Biwakschachtel 2380m - Ausstiegskamine - Watzmann Südspitze 2712m - ein Schnapserl - Seele baumeln lassen - den Glücksgefühlen Raum und Zeit geben - und ein leises Dank´schön an unsern Herrgott, dass wieder alles gut gegangen ist.
Watzmann Südspitze 2713m
Der Abstieg durch die Schönfeldschneid und das Wimbachgrieß sind zwar lang, aber gehören doch irgendwie zu diesem grandiosen Tag und zweifelsohne zum besonderen Weg durch die Watzmann Ostwand
Danke an unsere Spurensucher Max, Peter D und Heli. Ihr seid sicher in eurem früheren Leben Indianer gewesen ;-)
Anmerkung: Es handelt sich um eine sehr hochalpine Tour, entsprechendes Können und Kondition sind Voraussetzung. Für den Bericht gibt es keine Gewähr.
Bericht: Petra